Wie wandle ich ein Einzelunternehmen in eine GmbH oder AG um?

Veröffentlicht von Arno Felix, Flavio Andri

Für die Gründung eines Unternehmens gibt es verschiedene Motive. Für die Gründung eines Unternehmens gibt es verschiedene Formen. Wie sieht das Vorgehen bei einer qualifizierten Gründung aus?

Vor allem Kleinunternehmer starten ihre Geschäftstätigkeit oft mit einem sogenannten Einzelunternehmen: Der Gründungsakt ist einfach, und gebundenes Gründungskapital ist nicht vonnöten. In einer späteren Phase der Unternehmensentwicklung bringt jedoch die Gründung einer juristischen Person – z. B. einer Aktiengesellschaft (AG) oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) – verschiedene Vorteile. Die gesetzlichen Anforderungen – und somit der administrative Aufwand – sind bei der Gründung einer juristischen Person allerdings höher als bei der Gründung eines Einzelunternehmens.

Grundsätzlich gibt es zwei Formen der Gründung einer juristischen Person: Erstens die einfache Gründung, bei der das Kapital bar liberiert wird, und zweitens die qualifizierte Gründung, bei der andere Werte in die neue Gesellschaft eingebracht werden.

Die Qualifizierenden Tatbestände

Von einer qualifizierten Gründung einer juristischen Person spricht man dann, wenn mindestens eines der nachfolgenden Kriterien – die sogenannten qualifizierenden Tatbestände – erfüllt ist: die Liberierung des Aktienkapitals durch Sacheinlage, die Gewährung von Gründervorteilen und die Liberierung durch Verrechnung.

Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Variante der Sacheinlagegründung.

Die Sacheinlagen

Bei der Sacheinlagegründung wird das Aktienkapital nicht in bar, sondern durch Einbringung von Sachen, Forderungen oder anderen Vermögenswerten liberiert. Häufig ist dies die Einbringung (Umwandlung) des operativ tätigen Einzelunternehmens in die zu gründende Aktiengesellschaft. Auch private Gegenstände wie Fahrzeuge, Mobilien/Maschinen, Immobilien usw., können eingebracht werden – falls diese für die geschäftliche Tätigkeit genutzt werden.

Als Gegenwert erhält der Einleger Aktien. Übersteigt der Wert der eingebrachten Aktiven das zu liberierende Aktienkapital (z. B. CHF 100 000.–), kann der darüber hinausgehende Betrag dem einlegenden Aktionär gutgeschrieben werden. Die Sacheinlagen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, damit eine qualifizierte Gründung überhaupt möglich ist:

A. Bilanzierungsfähigkeit / Aktivierbarkeit

Sacheinlagen müssen bilanzierungsfähig bzw. aktivierbar sein. Es kommen deshalb nur Vermögenswerte in Betracht, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Die Anforderungen an die Bewertung ergeben sich aus dem Obligationenrecht (OR). Die Vermögenswerte dürfen zum Zeitpunkt der Einlage nicht überbewertet sein.

B. Verfügbarkeit

Damit ein Gegenstand sacheinlagefähig ist, muss die Gesellschaft sofort nach ihrer Eintragung ins Handelsregister über diesen Gegenstand verfügen können.

C. Verwertbarkeit

Sacheinlagen müssen verwertbar sein, da das Aktienkapital Haftungssubstrat für die Gesellschaftsgläubiger darstellt. Als verwertbare und übertragbare Vermögenswerte kommen infrage:

  • Sachen (z. B. Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Warenlager, Fahrzeuge),
  • Obligatorische Rechte (z. B. Forderungen),
  • Immaterialgüterrechte (z. B. Patente, Urheberrechte),
  • Wertschriften und Beteiligungsrechte (z. B. Aktien),
  • Sachgesamtheiten (z. B. Umwandlung einer Einzelfirma oder Kollektivgesellschaft in eine AG),
  • Selbstständige und dauernde dingliche Rechte (z. B. Baurechte, Abbaurechte, Quellenrechte).

Nicht sacheinlagefähig sind Werte, welche die obigen Kriterien nicht erfüllen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Zukünftige Ansprüche,
  • Gebrauchsrechte (z. B. Miete oder Pacht),
  • Periodische Leistungen (z. B. Arbeitsleistungen, Liefer- und Transportverträge),
  • Höchstpersönliche Werte (z. B. Wohnrechte),
  • Objekte von geringem Wert (z. B. Gegenstände des täglichen Bürobedarfs).

Die Gründungsprüfung

Bei einer qualifizierten Gründung ist die Beurteilung der Werthaltigkeit der Einlagen schwieriger als bei einer Gründung, in die Geldmittel einfliessen (Bargründung). Der Gesetzgeber hat demzufolge für die qualifizierte Gründung zusätzliche Sicherungsmassnahmen vorgesehen.

Sacheinlageverträge müssen in schriftlicher Form vorliegen und sind Teil der öffentlichen Beurkundung. Die Sacheinlage muss zudem in den Statuten offengelegt werden. Weiter müssen die Gründer in einem Gründungsbericht (Art. 635 OR) Auskunft geben über Art und Zustand von Sacheinlagen und über die Angemessenheit der Bewertung. Dabei sollen die Gründer ihre Überlegungen offenlegen, die sie bei der Bewertung anstellten.

Weiter hat eine Gründungsprüfung zu erfolgen: Ein zugelassener Revisor oder Revisionsexperte muss den oben erwähnten Gründungsbericht der Gründer prüfen und schriftlich bestätigen, dass dieser vollständig und richtig ist. Curia hat die notwendigen Fachkenntnisse und die Zulassung, um diese Gründungsprüfungen durchzuführen.

Ziel der Gründungsprüfung ist es, dem Gründungsschwindel entgegenzuwirken. Dieser zielt darauf ab, dass Aktienkapital durch Einbringung von wertlosen oder überbewerteten Vermögenswerten bloss teilweise oder gar fiktiv liberiert wird.

Gegenstand der Prüfung ist der Gründungsbericht. In der Regel benötigen die Prüfer aber auch die anderen Gründungsunterlagen (Statuten, Sacheinlagevertrag, usw.). Im Falle der Einbringung oder Umwandlung einer Personengesellschaft werden Jahresrechnungen, Geschäftsbücher, Nachweise zu den Bilanzpositionen (z. B. Inventare, Aufstellungen), die Übernahmebilanz und eventuell eine Unternehmensbewertung verlangt.

Hat der Gründungsprüfer festgestellt, dass die einzubringenden Gegenstände sacheinlagefähig sind, muss er die Angemessenheit der Bewertung prüfen. Massgebender Bewertungszeitpunkt für die Sacheinlage ist der Zeitpunkt des Handelsregistereintrags. Es empfiehlt sich deshalb, die Gründungsprüfung möglichst kurz vor der Anmeldung beim Handelsregister vorzunehmen.

Nach erfolgter Prüfung gibt der Gründungsprüfer ein Gesamturteil ab über die Angaben im Gründungsbericht.
Beurteilt wird:

  • die Einbringbarkeit aller Vermögenswerte sowie die Angemessenheit der Bewertung,
  • ob die Voraussetzungen für die Sacheinlage erfüllt sind (Aktivierbarkeit, Verwertbarkeit, Verfügbarkeit),
  • die Zulässigkeit und der Umfang der vorgenommenen Verrechnungen,
  • die Angemessenheit von Gründervorteilen.

Die Prüfbestätigung ist somit das letzte Dokument, das zur Durchführung einer qualifizierten Gründung vonnöten ist.

Fazit

Eine qualifizierte Gründung einer Kapitalgesellschaft kann in verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung sinnvoll sein. So kann eine Sacheinlage bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit oder später durch Umwandlung der Einzelfirma in eine AG zweckmässig sein.

Vorteile einer qualifizierten Gründung sind einerseits, dass kein (weiteres) Kapital aufgebracht werden muss und andererseits, dass bei der Umwandlung einer Einzelfirma die Haftungsrisiken auf das Geschäftsvermögen beschränkt werden können. Als Nachteil (im Vergleich zur Barliberierung) muss erwähnt werden, dass der administrative Aufwand und die Gründungskosten höher sind.

Quellenangaben

EXPERTsuisse, Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band 3, «Andere Prüfungen», 2009.

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