Mein letzter Wille – ohne Stress und Streit

Veröffentlicht von Tobias Simmen

Allenfalls geht es Ihnen wie mir: Ich möchte meinen Nachlass frühzeitig regeln, damit sich meine Liebsten nach meinem Tod nicht unnötig wegen Erbe und Steuern in die Haare geraten oder sich gar zerstreiten. Allzu oft führt der letzte Wille indes zu erheblichen Familienstreitigkeiten, welche sich mit einer frühzeitigen Planung möglicherweise hätten verhindern lassen.

Doch wie bereite ich meinen letzten Willen so vor, damit es für die Hinterbliebenen eine stressfreie Erbschaft ohne unerwartete Steuerfolgen gibt? Ich versuche Ihnen nachstehend ein paar Tipps und Ratschläge mit auf den Weg zu geben, wie Sie Ihr Ende des Lebensweges so vorbereiten können, damit Ihr letzter Wille ohne Stolpersteine respektiert und umgesetzt wird und die Erbschaft für die Hinterbliebenen nicht zum Hindernislauf mit unnötiger Energieverschwendung wird.

Vorweg ist festzuhalten, dass es kein Sonntagsspaziergang ist, seinen eigenen letzten Willen vorzubereiten; es ist vielmehr ein spannender Weg mit vielen Abzweigungen und Wegweisern, bei denen der eine oder andere Weg eingeschlagen werden kann. Verschiedene Wege können dabei zum gewünschten Ziel führen. Zu beachten ist, dass wir unseren letzten Willen nicht beliebig frei gestalten können; vielmehr gilt es, gewisse gesetzliche Vorgaben und Wegweiser zu berücksichtigen, um spätere Stolpersteine für die Hinterbliebenen zu vermeiden.

Wie bereite ich meine Erbschaft für meine Hinterbliebenen möglichst optimal vor? Ich gebe Ihnen nachstehend einen kurzen Überblick über die wichtigsten Punkte und werde später auf einige davon im Detail eingehen.

  1. Ich überlege mir anhand von Fragen, was alles zu meinem Nachlassvermögen gehört: Besitze ich ein Eigenheim? Gehören mir weitere Immobilien? Besitze ich Land? Wie sieht es mit meinem Vermögen aus? Habe ich Schulden? Habe ich bereits Erbschaften erhalten?
  2. Wer soll zu meinen Erben gehören? Will ich jemanden begünstigen oder auf den Pflichtteil setzen? Was sind gesetzliche Erbteile und wie hoch sind diese?
  3. Halte ich meinen letzten Willen in einem Testament fest? 
  4. Liegt ein Ehe- oder Erbvertrag bereits vor oder macht es Sinn, einen solchen Vertrag zu erstellen?
  5. Wie sieht es mit meinem digitalen Erbe aus? Was ist das?
  6. Wie sehen die steuerlichen Folgen für meine Erben aus?

Zu Punkt 1: Mein Nachlass

Es ist also zentral, sich zuerst – unter Berücksichtigung des ehelichen Güterrechts – über die eigenen Eigentumsverhältnisse im Klaren zu sein. Dies gilt besonders – aber nicht nur – für Ehegatten, die unter dem Güterstand der Gütertrennung leben. Gehört das Haus mir oder meiner Ehegattin? Habe ich Vermögenswerte in die Ehe eingebracht oder habe ich während der Ehe bereits Erbschaften erhalten? Beim Zusammentragen des Nachlasses ist es zu empfehlen, sowohl mit dem Ehepartner als auch mit den Nachkommen das Gespräch zu suchen. Dadurch kann man sich beispielsweise vergewissern, ob jemand Interesse an der Übernahme des Eigenheims hat oder ob es allenfalls erforderlich und sinnvoll ist, den überlebenden Ehegatten bzw. die überlebende Ehegattin mittels eines Erbvertrages – allenfalls in Kombination mit einem Ehevertrag – maximal zu begünstigen, damit meine Ehegattin beispielsweise auch nach meinem Hinschied weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen kann und die Liegenschaft nicht aus finanziellen Gründen verkauft werden muss, um die Anteile der Miterben abzugelten.

Was wird alles vererbt? Eine verstorbene Person vererbt sowohl ihre Vermögenswerte als auch ihre Schulden. Zu den Vermögenswerten gehören bewegliche Güter (wie Möbel, Kleider, Fahrzeuge etc.), Immobilien (Liegenschaften, Gebäude, Miteigentumsanteile an Liegenschaften, Stockwerkeigentumseinheiten, etc.) sowie weitere Vermögenswerte wie Bankkonti, Bankdepots, Anlagen, Sammlungen, etc. Davon werden Schulden, Begräbniskosten, etc. in Abzug gebracht. Auch aus Sicht eines potenziellen Erben ist es somit ratsam, die finanzielle Situation der verstorbenen Person zuerst zu analysieren, um danach zu entscheiden, ob das Erbe angenommen oder ausgeschlagen werden soll.

Zu Punkt 2: Meine Erben

Viele Leute glauben, dass im Falle des Todes eines Ehegatten der jeweils überlebende Ehegatte vollumfänglich erbt. Dies ist ein Irrtum. Habe ich testamentarisch oder in einem Erbvertrag nichts anderes vereinbart, dann werden sowohl meine überlebende Ehegattin als auch meine Nachkommen anhand der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigt. Gesetzlich ist dabei vorgesehen, dass die Hälfte des Nachlasses an den überlebenden Ehegatten und die Hälfte an die Nachkommen geht. Mittels Testament oder Erbvertrag kann diese gesetzliche Erbfolge abgeändert werden, wobei die gesetzlichen Pflichtteile zu beachten sind. 

Der Konkubinatspartner hat weiterhin keinen gesetzlichen Erbanspruch – geschweige denn ist er pflichtteilsgeschützt. Um den Konkubinatspartner zu begünstigen, muss ich als Erblasser somit selber aktiv werden und entsprechende Regelungen treffen. Ich kann dabei meinen Konkubinatspartner oder einen Dritten einseitig mittels Testament begünstigen. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, mit dem Konkubinatspartner einen Erbvertrag abzuschliessen, welcher nur noch durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden kann. Will ich also bestimmte Personen begünstigen, so muss ich diese Gestaltungsfreiheit aktiv nutzen, entweder mittels Testaments oder Erbvertrag.

Immer wieder taucht – meist diskret – die Frage auf: Kann ich jemanden enterben? Die Antwort lautet: Ja. Gemäss Zivilgesetzbuch kann ein Pflichtteilsberechtigter enterbt werden, wenn er entweder gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen oder wenn er gegenüber dem Erblasser oder dessen Familie die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat. Die Möglichkeit einer Enterbung ist im Schweizer Erbrecht somit vorgesehen – die entsprechenden Hürden sind allerdings ziemlich hoch.

Was passiert, wenn bis zum Stamm der Grosseltern keine Erben vorhanden sind und keine Erben eingesetzt wurden? Liegt diese seltene Situation vor, so wird das Erbe dem Staat zugesprochen, genauer der kantonalen Behörde am letzten Wohnort der verstorbenen Person. Je nach Region erhält auch die Wohnsitzgemeinde der verstorbenen Person noch einen Teil des Erbes.

Zu Punkt 3: Mein Testament

Möchte ich ein Testament verfassen oder vorbereiten, um meinen Hinterbliebenen meinen letzten Willen aufzuzeigen und ihnen dadurch familiäre Diskussionen und Streitigkeit über das Erbe zu ersparen, sollte ich folgende Punkte beachten:

  • Im Gegensatz zum Erbvertrag enthält das Testament einseitige Anordnungen und Willenserklärungen.
  • Ich kann mein Testament eigenhändig, handschriftlich unter Angabe des Errichtungsdatums verfassen und unterzeichnen (holographes Testament) oder mittels öffentlicher Urkunde errichten. 
  • Unter ausserordentlichen Umständen sind auch mündliche Testamente möglich.
  • Inhaltlich kann das Testament sämtliche letztwilligen Anordnungen enthalten wie z.B. Auflagen und Bedingungen, Erbeinsetzung, ganze oder teilweise Enterbung, Vermächtnisse, Ersatzverfügung, Nacherbeneinsetzung, Teilungsvorschriften und die Einsetzung eines Willensvollstreckers.
  • Das Testament kann ich als Erblasser jederzeit widerrufen, sei es in einer der für die Errichtung vorgesehenen Form, sei es durch Vernichtung der Urkunde.
  • Falls sie nicht zweifellos eine Ergänzung darstellen, treten spätere Testamente anstelle von früher verfassten Testamenten.
  • Jedem, der von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will, wird ein Testament – oder alternativ ein Erbvertrag – empfohlen. Folgende Gründe kann ich hier stichwortartig aufzählen: Begünstigung des überlebenden Ehegatten, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Kinder aus verschiedenen Beziehungen, Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen an einzelne Erben, spezifische Teilungsvorschriften für Immobilien, besondere Wertgegenstände, Regelung der Unternehmensnachfolge, um schwierige Erben zu neutralisieren oder um gemeinnützige Institutionen zu begünstigen.
  • Ab dem 18. Lebensjahr kann jede urteilsfähige Person sein Testament verfassen. Weil sich die Lebensumstände jedoch im Laufe des Lebens verändern, sollte ich mein Testament von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand stellen.
  • Testamente minimieren Erbstreitigkeiten, sofern beim Verfassen des Testaments die Formvorschriften eingehalten werden. Deshalb empfehle ich, jedes Testament, das eigenhändig geschrieben wird, fachmännisch überprüfen zu lassen.
  • Das Testament sollte ich an einem sicheren Ort aufbewahren, so dass es beim Eintreten meines Todes gefunden und meinem Willen entsprechend umgesetzt wird.

Zu Punkt 4: Erbvertrag / Ehe- und Erbvertrag

Möchte ich meiner Ehefrau nach meinem Tod gewisse Verfügungsfreiheiten einräumen und sie maximal begünstigen bis zu ihrem Tod? Soll sie weiterhin in unserem gemeinsamen Haus wohnen können? In solchen Fällen empfehle ich den Abschluss eines Erbvertrages. Dieser bedarf im Gegensatz zum Testament zu seiner Gültigkeit einer öffentlichen Beurkundung unter Mitwirkung zweier Zeugen. Allenfalls ist es auch angezeigt, einen Erbvertrag in Verbindung mit einem Ehevertrag zu errichten. Denn auch das Eherecht bietet gewisse Möglichkeiten, den überlebenden Ehegatten zu begünstigen. Ein Erbvertrag lässt sich im Übrigen auch mit einem Erbverzichtsvertrag verbinden, was nicht selten vorkommt, beispielsweise wenn die Nachkommen im Zeitpunkt des Todes des ersten Elternteils zugunsten des überlebenden Elternteils auf ihren gesetzlichen Erbanteil verzichten. Diese maximale Begünstigung des überlebenden Ehegattens ermöglicht dem überlebenden Ehegatten in den allermeisten Fällen, im eigenen Haus wohnhaft zu bleiben.

Zu Punkt 5: Digitales Erbe

Beim digitalen Erbe geht es kurz gesagt um die Frage, was mit meinen Online-Konten, E-Mail-Adressen, Profilen in sozialen Netzwerken oder Subskriptionen auf verschiedenen Websites nach meinem Tod geschehen soll. Der Umgang mit dem digitalen Erbe wird je länger je wichtiger und ist neben der Regelung des restlichen Nachlasses nicht zu vernachlässigen. Mehr dazu in meinem Artikel «Das Erbe im weltweiten Netz».

Zu Punkt 6: Erbschaften und Steuern

Erbschaften bringen zumeist auch steuerliche Folgen mit sich. Häufig wird mir deshalb die Frage gestellt, ob die nächsten Verwandten bei einer Erbschaft von der Erbschaftssteuer befreit sind. In der Regel ist der überlebende Ehegatte bzw. die überlebende Ehegattin, der eingetragene Partner bzw. die eingetragene Partnerin sowie Nachkommen und diesen gleichgestellten Stief- und Pflegekindern von der Erbschaftssteuer befreit. Wird eine Steuer erhoben, ist die Höhe meist abhängig von der Höhe des Vermögensanfalls sowie vom Verwandtschaftsgrad des Erben zur verstorbenen Person. Je näher verwandt desto geringer der Steuersatz. Besitze ich eine oder mehrere Immobilien? Falls ja ist es ratsam, dass ich mich auch über die Erbschaftssteuer im Belegenheitskanton der Liegenschaft informiere, denn auch eine vererbte Liegenschaft kann zu erheblichen Steuerfolgen führen.

Wie fahre ich steuerlich am besten? Welche Vorkehrungen sollte ich zu Lebzeiten treffen? Macht es Sinn, die Immobilien bereits zu Lebzeiten auf die Nachkommen zu übertragen? Dies sind sehr individuelle und komplexe Fragen, welche am besten in einem persönlichen Beratungsgespräch geklärt werden können. Jedenfalls ist es äusserst ratsam, auch die steuerliche Situation bei einer Erbschaft nicht zu vernachlässigen.

Mein Fazit:

Wenn ich meinen letzten Willen – wie eine grössere Wanderung – sorgfältig vorbereite, die nötigen Gespräche mit der Familie sowie Erb- und Steuerberater führe und mir die hierfür erforderliche Zeit nehme, so gelingt es mir bestimmt, meinen Nachlass ohne Stress, Streit und unerwartete Steuerfolgen vorzubereiten. Ich empfehle, das Thema ernst zu nehmen und die Planung des Nachlasses am besten anhand zu nehmen, solange man geistig und körperlich noch fit ist. So kann man seinen weiteren Lebensweg beruhigt geniessen und der letzte Wille wird für die Hinterbliebenen nicht zur Belastung – sondern zu einer Freude über die erhaltene Erbschaft.

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